Freitag, 03UTCFri, 03 Aug 2018 20:32:49 +0000 3. August 2018
Interviews mit Geschäftsführung und Künstlerischer Leitung
»Of Monsters and Games« ist das Motto des diesjährigen PLAY – Creative Gaming Festivals vom 14. bis 17. November 2019 in Hamburg. Im Interview mit den Festivalmacher*innen erzählt Christiane Schwinge über das diesjährige Thema, über Award, Ausstellung und Sonderveranstaltungen, Vera Marie Rodewald über das diesjährige Workshop- und Fortbildungsprogramm und Andreas Hedrich über digitale Spielkultur, Festivalstandort und kulturelle Vielfalt.
Christiane, wie seid ihr auf das diesjährige Thema gekommen, um welches Monster geht es?
CS: Alle Menschen verbinden etwas mit Monstern. Sie kommen in der Literatur, in Filmen und natürlich auch in Spielen vor. Wir möchten über Monster reden, sie erfahr- und erlebbar machen. Was sind die Monster von heute? Sind es die angsteinflößenden haarigen Ungeheuer oder haben wir putzige kleine Pokémons im Kopf? Wie werden Monster in Spielen dargestellt? Welche Geschichten werden erzählt? Uns geht es dabei nicht nur um konkrete Figuren, sondern auch um die inneren Dämonen, die uns lähmen und krankmachen, es geht um Depressionen und erlebte Gewalterfahrungen, es geht aber auch um die Monster in Politik und Gesellschaft. Wir möchten die gesamte Bandbreite und auch die Ambivalenz des Themas spielerisch und kreativ aufgreifen.
Apropos spielerisch und kreativ: Warum ist PLAY ein Festival?
CS: Das Motto der Initiative Creative Gaming lautet: »Mit Spielen spielen!«, und das setzen wir bei unserem Festival um – und zwar gemeinsam für eine bestimmte Zeit an verschiedenen Orten. Wir laden unsere Besucher*innen ein, sich über Computerspiele auszutauschen und gemeinsam Spiele zu entwickeln. Es ist immer wieder toll zu beobachten, wenn Schulklassen manchmal eher »unterwältigt« unsere Ausstellung besuchen und eben nicht die gängigen Computerspiele entdecken, sich dann aber auf neue Spiele und Ästhetiken einlassen und analog wieder ganz andere Gemeinschaftserfahrungen machen. Uns geht es um Irritation, um das aktive Brechen von Regeln, um das Wechseln der Perspektiven und um das gemeinsame kreative Neugestalten – und das alles eingebettet in ein buntes und vielseitiges Festivalprogramm.
Wie sieht das Programm konkret aus? Gibt es feste Sektionen?
CS: Es gibt zum Beispiel die PLAY-Ausstellung, in der themenrelevante Spiele vorgestellt und vor allem ausprobiert werden können. Im Monster Lab werden die Festivalbesucher*innen selbst aktiv, kreieren an verschiedenen Stationen vom Charakterdesign, über Storytelling bis hin zu Programmierung und Sound ihr eigenes Monsterspiel. In der 2018 neu eingeführten und sehr gut angenommen Speakers‘ Corner gibt es die Möglichkeit, vor Publikum in 15 bis maximal 30 Minuten über ein spannendes Thema rund um digitale Spielekultur zu berichten, Erfahrungen auszutauschen oder ein Projekt vorzustellen. Themen können ab dem 15. August eingereicht werden. Bei PLAY on Stage gibt es Theateraufführungen und Abendveranstaltungen wie Rock & Wrestling, in den Artist Talks kommen spannende Gäste wie der Synchronsprecher Alexander Merbeth oder die Sounddesignerin Mathilde Hofmann zu Wort. Außerdem freue ich mich auf die PLAY Friends, das sind Partnerveranstaltungen, die im Vorfeld von PLAY stattfinden. Außerdem machen wir in der Festivalzeit Ausflüge in Hamburger Entwicklerstudios.
Und dann gibt es auch noch die Preisverleihung?
CS: Genau. Wir vergeben zum fünften Mal den Creative Gaming Award. In der Ausstellung werden auch die nominierten Spiele, Medienproduktionen und Prototypen gezeigt. Der internationale Preis wird in den Kategorien Most Creative Game Award und Most Innovative Newcomer Award an das kreativste Projekt und an die beste Nachwuchsproduktion vergeben. Eine Fachjury entscheidet über die Gewinner*innen, die bei der Preisverleihung am 16. November 2019 bekannt gegeben werden.
Vera Marie, Du bist für das Workshop-Programm zuständig. Was wird in diesem Jahr angeboten?
VMR: Das Monster Lab hat Christiane ja schon erwähnt. Es wird darüber hinaus diverse zweistündige Workshops geben, unter anderem zu den Themen Storytelling (Matthias Kempke und Aljoscha Jelinek), Sound Design (Mathilde Hofmann) und Character Design (Dominik Johann). Katharina Appel und Christina Metzler zeigen, wie man alternative Controller baut und in einem zweiten Workshop, wie man ein Let’s Play Video erstellt, Heiko Wolf bietet einen Game Design Workshop mit Bloxels an und Andreas Rauscher gibt einen Überblick über die Geschichte von Monstern in Spielen. Und noch zwei weitere Workshops sind spannend: Dom Schott beschäftigt sich mit den inneren Monstern und Mareike Kochansky mit parasozialen Beziehungen zu Pokémons.
Und dann gibt es noch einen Zombie-Workshop?
VMR: Ja genau. Die Regisseurin und Performerin Charlotte Pfeifer lässt die Workshop-Teilnehmenden selbst zu Zombies werden. Wie verhält man sich als Monster, wie bewegt man sich, wie teilt man sich mit? Aber auch in den beiden Workshops des Fundus Theater wird es performativ: die Besucher*innen entwickeln gemeinsam Monster und dazu Anleitungen zur Monstersuche auf dem Festivalgelände. Es wird also überall um die verschiedenen Facetten von Monstern und ihrer Gestaltung gehen.
Welche Fortbildungsworkshops gibt es bei PLAY19 und an wen richten sie sich?
VMR: Unser Fortbildungsprogramm richtet sich vor allem an Lehrkräfte und Fachpädagog*innen. Nico Nolden und Alexander Buck erläutern den Einsatz von digitalen Geschichtsspielen (Histogames) im Unterricht, die Initiative Creative Gaming bietet einen praktischen Workshop zum Ansatz von Creative Gaming an.
Andreas, wie wichtig ist PLAY für den Festivalstandort Hamburg?
AH: PLAY ist international renommiert, hat damit einen festen Platz in der Festivalkultur der Stadt und ist genauso wichtig wie die bekannten Literatur-, Musik- und Filmfestivals in dieser Stadt. PLAY ist in der Form einzigartig, da es die Bereiche Medienkunst, Diskurs und Bildung mit der Kultur digitaler Spiele vereint. Wir möchten sichtbar machen, dass Games ein großes kreatives Potential haben, sie längst gesellschafts- und bildungsrelevant sind und von Jugendlichen bis hin zu Senior*innen sehr viele Menschen ansprechen.
Was bedeutet das konkret?
AH: Games erzählen Geschichten, geben Impulse und regen Prozesse an. Diese kulturelle Vielfalt möchten wir mit unserem Festival zeigen und erfahrbar machen. PLAY ist ein Treffpunkt, ein Ort des gemeinsamen Erlebens und des Austauschs. Games stehen nicht für sich, sondern greifen genau wie Film, Literatur und Musik gesellschaftliche Entwicklungen und Veränderungen auf. PLAY möchte sich mit diesen gesellschaftsrelevanten Themen auseinandersetzen, die künstlerischen und technischen Weiterentwicklungen im Bereich Games aufzeigen sowie den Einsatz von Computerspielen als wichtiger Teil der Jugendkultur in Schulen und Bildungseinrichtungen unterstreichen. Dieser Themen-Mix macht es auch für unsere Besucher*innen interessant.
Wer ist Eure Zielgruppe und wie viele kommen zu Euch?
AH: Zu uns kommen jedes Jahr um die 5.000 Besucher*innen. Das sind Game-Entwickler*innen, Wissenschaftler*innen, Pädagog*innen, Studierende, Schüler*innen, Filmemacher*innen und Medienkünstler*innen, Sounddesigner*innen und natürlich Game- und Kulturinteressierte.
In Hamburg gibt es das Branchennetzwerk Gamecity und überhaupt auch einen großen politischen Support für die Spielebranche als Wirtschaftsfaktor. Wo ist da Euer Platz? Wer sind Eure Förderer und Partner?
AH: Die Initiative Creative Gaming, die das Festival seit 2008 zunächst in Potsdam, seit 2013 zusammen mit dem jaf – Verein für medienpädagogische Praxis Hamburg dann in der Hansestadt ausrichtet, ist Partner des Netzwerkes. Wir stehen mit vielen Akteur*innen in Verbindung und tauschen uns aus. Die behördliche Zuständigkeit bleibt schwierig, da wir uns in den Bereichen Kultur, Bildung und Wissenschaft und nur indirekt im wirtschaftlichen Umfeld bewegen. Hier wünschen wir uns mehr Durchlässigkeit und gemeinsames Voranschreiten, dazu sind wir auf dem richtigen Weg. Von Seiten der Stadt werden wir von der Behörde für Schule und Berufsbildung Hamburg (BSB), dem JIZ – Jugendinformationszentrum Hamburg (ebenfalls BSB) und gamecity:Hamburg unterstützt. Unser langjähriger bundesweiter Kooperationspartner ist die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb und deren Plattform spielbar.de zum Thema Computerspiele. In der Hamburger Politik haben wir viele Fans. Nach unseren großen Veranstaltungen u. a. im Rathaus wird die Präsidentin der Bürgerschaft, Carola Veit, wieder die diesjährige PLAY eröffnen. Das freut uns sehr, nicht zuletzt, da sie das Festival persönlich schon seit vielen Jahren begleitet.
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